»Tut auf!« –
»Wem? Wer seid Ihr?« –
»Ich will ins Herz Dein zu Dir!« –
»So begehrt Ihr nur einen engen Raum.« –
»Was denn? Reicht es mir auch kaum,
Mein Drängen darin sollst du nicht brauchen klagen.
Ich will Dir nun von Wundern sagen!« –
Quelle: Wolfram von Eschenbach, Parzival, In Prosa übertragen von Wilhelm Stapel, 1997
Um die alten Texte, sprich die mittelalterliche Literatur von der Pforte des töthlichen Vergessens zu holen, editierte Johann Jakob Bodmer 1753 »Der Parcival - ein Gedicht in Wolframs von Eschilbach Denckart Eines Poeten aus den Zeiten Kaiser Heinrich des VI.« neu nach seiner Entstehung im 13. Jahrhundert.
Parzivals Suche nach dem Heiigen Gral soll an das Erlöserwerk von Christus erinnern, im Stofflichen jedoch wird der Gral nicht zu finden sein. In jedem Mensch brennt ein Gottesfunke geistigen Ursprungs. Wie Parzival kann der Mensch den Weg einschlagen, den Heiligen Gral in sich zu suchen und wird eines Tages vielleicht die Gralsburg finden, die das Ziel des Weges darstellt. Im günstigsten Fall kann er bis auf den Vorhof der Gralsburg und damit auch zu der Pforte gelangen, die zum Ursprung allen Seins, zu Gott führt. Die Grenze zum Göttlichen aber kann in der Grobstofflichkeit nicht überschritten werden. Der Heilige Gral, verwahrt in den heiligen Räumen der Gralsburg, ist von gleißendem Licht umstrahlt. Nur die Reinsten können in dieses Licht schauen, dies sind die Hüter des Heiligen Grals, Ewige, die nicht von dieser Welt sind. Nur Auserwählten wird sich die Pforte zum heiligem Raum öffnen, da nur diese nicht im Licht des Heiligen Grals verglühen werden.
»... Repanse sah Parzival nur traurig an, dann hob sie den Gral auf, neigte den Kopf und ging fort. Parzival fühlte, wie er feuerrot wurde. Was hatte er getan, dass ihn die Herrin der Burg nicht einmal begrüßte? Was hatte er getan, dass die Ritter, die ihn so freudig empfangen hatten, ihn jetzt mit zornigen Blicken betrachteten? In diesem Augenblick sah Parzival etwas. Die Königin schritt just durch die Seitentür des Saales hinaus und das Licht des Grals erhellte ein kleines Gemach, darin lag auf einem Ruhebett ein Greis mit langem weißem Haar und schlief. Aber ehe Parzival ihn noch recht ansehen konnte, fiel die Tür zu und alles war verschwunden ...
Parzival atmete auf, als die Saaltür hinter ihm zufiel. Er merkte, dass ihm nur der Knappe mit dem Schwert gefolgt war und ein paar andere, die wohl zu seinem Dienst bestellt waren. Sonst kümmerte sich niemand mehr um ihn. Die Ritter hatten ihn kaum gegrüßt, als er an ihnen vorüberging. Das machte ihn zornig, aber zugleich fühlte er sich auch merkwürdig unglücklich, wie ausgestoßen und verachtet. Zuletzt schickte er die andern fort und betrat allein seine Kemenate. Nur der grauhaarige Knappe kam ihm nach, legte eilig das Kissen mit dem Schwert auf die Bank und ging sogleich zurück zur Tür, als könne er gar nicht schnell genug wieder hinauskommen. Aber er wandte sich noch einmal um. Sein zerfurchtes Gesicht war zornig. ›Mögest Du eine bessere Nachtruhe haben als mein armer Herr!‹, stieß er hervor. Dann war er fort ...
Parzival lag da und in seinem Kopfe drehte es sich wie ein Rad rundum, immer rundum ... Da merkte er, dass es heller Tag war. Er horchte, aber jetzt herrschte Totenstille in der Burg ... Hastig kleidete er sich an und verließ die Kemenate. Draußen auf dem Gang lauschte er abermals und abermals umfing ihn die tödliche Stille ... Er horchte an Türen, hinter denen sich nichts regte, später versuchte er, sie zu öffnen, aber sie waren verschlossen, und wenn sich da oder dort eine auftat, starrten ihn verödete Räume an ... Dann war der Gang zu Ende und er stand vor einer Tür. Gottlob, die war offen! Im nächsten Augenblick schrie er auf. Er befand sich in einem großen, runden Saal, da waren die Wände aus Gold und Marmor, kein Fenster war da und dennoch herrschte eine blendende Helligkeit. Der Saal war leer, nur in der Mitte erhob sich ein seltsames Bauwerk, das sah aus wie ein kleiner Tempel, eine schimmernde Kuppel spannte sich über goldenen Säulen und kristallenen Wänden und darin strahlte ein furchtbares Licht ... ›Der Gral!‹, ächzte Parzival ...«
Quelle: Auguste Lechner, Parzival – Auf der Suche nach der Gralsburg, 2010
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